Lungengeraeusche bei Auskultation

OHRientierungshilfe bei Lungenfibrose

Hintergrund ILD
Symptome
Lungengeräusche
Überweisung
 

Was steckt hinter einer ILD?

Interstitielle Lungenerkrankungen (ILDs) umfassen eine heterogene Gruppe von mehr als 200 diffusen, häufig komplexen Erkrankungen des Lungenparenchyms. Meist werden diese als selten eingestuft und entwickeln als gemeinsames Merkmal eine progrediente Lungenfibrose.1,2 Mit 76 ILD-Diagnosen / 100.000 Personen kommen ILDs in ihrer Gesamtheit häufiger vor als allgemein angenommen.3 Die Lungenfibrose ist durch eine chronische, meist irreversible Vernarbung des Lungengewebes charakterisiert und gilt als Haupttodesursache vieler ILDs.2,4

Einige ILD-Entitäten entwickeln sich im Rahmen von unterschiedlichen, autoimmunbedingten Grunderkrankungen. Zu diesen gehört u. a. auch die rheumatoide Arthritis (RA) – eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung, die ca. 1 % der Weltbevölkerung betrifft. Rund 10 % aller RA-Patient:innen entwickelt im Rahmen ihrer Erkrankung eine klinisch relevante ILD (RA-ILD).5 Bei über der Hälfte der Fälle verläuft diese dann progredient fibrosierend und ist mit einer hohen Mortalität assoziiert.6,7

Aus diesem Grund ist es entscheidend, eine Lungenbeteiligung früh im Verlauf zu erkennen und eine rasche Versorgung zu ermöglichen.

Zeit ist der entscheidende Faktor –
Verdacht auf Lungenfibrose frühzeitig abklären

Achten Sie bei Ihren RA-Patient:innen auf respiratorische Symptome wie chronischer, nicht produktiver Husten und Belastungsdyspnoe.

Von den ersten Symptomen bis zur exakten Diagnose können bis zu 24 Monate vergehen.11-13

Kurzatmigkeit und Husten gehören mit 77 % bzw. 53 % zu den häufigsten Frühsymptomen von ILD-Patient:innen.9 Diese eher unspezifischen Symptome beginnen oft schleichend.8,14 Abgeschlagenheit und Zyanose der Lippen (bei fortschreitender Erkrankung) sowie Uhrglasnägel/Trommelschlegelfinger können ebenfalls im Verlauf auftreten. Da die Symptome der ILDs meist denen bekannter Volkskrankheiten wie COPD, Asthma oder Herzinsuffizienz ähneln, werden diese zu Beginn oft miteinander verwechselt.15,16

Erschwerend kommt hinzu, dass Betroffene ihre Symptome häufig nicht ernst nehmen und diese nicht oder erst spät abklären lassen.17 Komorbiditäten wie koronare Herzerkrankungen, Diabetes und gastrointestinale Erkrankungen können eine zügige Diagnose zusätzlich erschweren.18

Nutzen Sie hier die Möglichkeit, sich das typische endinspiratorische Knisterrasseln einer (RA)-ILD anzuhören und dieses mit anderen Lungengeräuschen, wie dem einer COPD mit Bronchiektasen oder einer gesunden Lunge zu vergleichen.

Kardinalsymptom einer (RA)-ILD:
Endinspiratorisches Knisterrasseln bei Auskultation19,20,21

 

 

Hier das Diagnoseohr testen:


Gesunde Lunge

COPD-Lunge

ILD-Lunge

Achten Sie am Ende eines langsamen, tiefen Einatmens auf ein klettverschlussartiges Knisterrasseln (Sklerophonie) im basolateralen Bereich der Lungenflügel.


Für die Untersuchung auf eine Lungenbeteiligung stehen verschiedene diagnostische Mittel zur Verfügung:

  • Regelmäßige Auskultation der Lunge und Überwachung der respiratorischen Symptome
  • Lungenfunktionstests einschließlich DLCO
  • hochauflösende Computertomografie (HRCT)

Ein erster Verdacht einer möglichen Lungenbeteiligung bei RA bzw. einer Lungenfibrose kann durch das Abhören der Lunge (Auskultation) bestätigt werden.

Bei vielen Betroffenen zeigt sich bei der Auskultation ein basolaterales, endinspiratorisches Knisterrasseln – noch bevor Veränderungen durch bildgebende Untersuchungen wie der HRCT sichtbar werden.21 Dieses Knisterrasseln hat einen ähnlichen Klang wie das Öffnen eines Klettverschlusses, weshalb es u.a. auch Velcro Crackles genannt wird. Es ist bei 80% der Betroffenen hörbar und im Gegensatz zu den unspezifischen respiratorischen Symptomen eindeutig einer Lungenfibrose zuordenbar.19,21,22

Bei einem positiven Auskultationsbefund sollte eine Lungenbeteiligung von Fachspezialist:innen abgeklärt werden.

Fibrosierende (RA)-ILD: wie vorgehen?

Eine fibrosierende (RA)-ILD kann irreversible Lungenschäden hervorrufen bis hin zum Tod23

Bei Verdacht auf eine ILD ist eine umgehende Überweisung zu Fachspezialist:innen angeraten, um frühestmöglich therapeutisch intervenieren zu können.

Der Lungenfunktionsverlust ist unwiederbringlich. Eine zu spät erkannte, nicht behandelte Lungenfibrose geht mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko für Betroffene einher.2 Umso wichtiger ist es daher, eine Lungenbeteiligung bei vorerkrankten Personen möglichst früh zu erkennen. Nur so können Betroffene adäquat versorgt werden.24

Hausarztpraxen kommt hier eine entscheidende Rolle zu:
Bei Verdacht einer Lungenfibrose, beispielsweise aufgrund sich verändernder Lungengeräusche bei der regelmäßig durchgeführten Auskultation oder sich verändernder Symptome, ist eine direkte Überweisung in die Pneumologie oder ein spezialisiertes ILD-Zentrum erforderlich.25 Hier kann in enger Abstimmung die weitere Diagnostik und Therapie interdisziplinär geplant werden. Das regelmäßige Monitoring sowie eine präzise und frühe Diagnosestellung im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit sind Grundvoraussetzung für das frühzeitige Feststellen einer chronischen progredient fibrosierenden interstitiellen Lungenerkrankung wie der (RA)-ILD und die damit verbundene Einleitung einer antifibrotischen Therapie.26-28

Podcast zur Auskultation des Knisterrasselns

Weitere Informationen zum Thema Auskultation finden Sie auch in unserem Pneumo-Podcasts Sach- & Fachgeschichten. In Folge 4 heißt es: ‚Augen zu – Ohren auf!” und dreht sich um den Stellenwert und die Fallstricke des Auskultierens. Hören Sie rein, wenn Sie erfahren möchten, warum es zusätzlich zur richtigen Auskultationstechnik auch ein gut geschultes Ohr braucht.

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ILD: Interstitielle Lungenerkrankungen
RA: Rheumatoide Arthritis
RA-ILD: Rheumatoide Arthritis-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung

1. Valeyre D et al., Respiratory epidemiology (eds. Annesi-Maesan Lundbäck & Viegi).
2. Cottin V et al. Eur Respir Rev 2018;27(150):pii:180076.
3. Wijsenbeek M, Cottin V. N Engl J Med 2020;383: 958–968.
4. Wells AU et al. Eur Respir J 2018;51:1800692.
5. Hyldgaard C et al., Respiration 2019;98:455–460.
6. Duarte AC et al., Acta Rheumatol. 2019;44:161–162.
7. Olson AL et al., Eur Respir Rev. 2018;27:180077.

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DLCO: Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität
HRCT: Hochauflösende Computertomographie

19. Behr J et al., Pneumologie 2020;74,263–293.
20. Wijsenbeek M et. al, Curr Med Res Opin. 2019;35:1727.
21. Cottin V, Cordier JF. Eur Resp J. 2012;40:519.
22. Lamas DJ et al., Am J Respir Crit Care Med. 2011;184:842–847.

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DLCO: Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität
HRCT: Hochauflösende Computertomographie

19. Behr J et al., Pneumologie 2020;74,263–293.
20. Wijsenbeek M et. al, Curr Med Res Opin. 2019;35:1727.
21. Cottin V, Cordier JF. Eur Resp J. 2012;40:519.
22. Lamas DJ et al., Am J Respir Crit Care Med. 2011;184:842–847.

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23. Wijsenbeek M et al. N Engl J Med 2020;383:958–968.
24. Steen VD et al. Arthritis Rheum 1994; 37: 1283–89.
25. Molina-Molina M et al., Exp Rev Resp Med. 2018;12:537–539.
26. Kreuter M et al., Dtsch Arztebl Int. 2021;118:152–162.
27. Dellaripa PF. Clin Immunol. 2018;186:71–73.
28. Hoffmann-Vold AM et al., Lancet Rheumatol. 2020;2:71–83.

08/2022

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